Räume, von Rosen betört
Mitten im Kasseler Rotlichtviertel präsentiert sich ein neues Atelier- und Logierhaus. Das Flair mediterraner Leichtigkeit empfängt die Gäste - hier in Kasssel - gänzlich unerwartet: An die Wolfhager Straße angrenzend, mitten im Rotlichtviertel. Auf dem Hof einer alten Antennenfabrik. In jedem Winkel befinden sich skurril gestaltete Sitzecken, Kübelpflanzen, Schwindel erregende Wendeltreppen führen in die erste Etage des Gebäudes. Künstler, die sich in und um einen alten Wohnwagen herum präsentieren, Gäste, die sich mit Hula-Hopp-Reifen amüsieren. Zum Couscous trinkt man Tee aus frischen Pfefferminzblättern.
Auf welchem Stern befinden wir uns? Geheimnisvoll klingt auch die Einlandung zu einer Art Tag der offenen Tür am Sonntag, „bevor die letzten Rosen verblüht sind“. Die Gastgeber möchten „naturbane Parallelwelten“ zeigen, „eigenwillige Appartements mit Masken, Mosaik und Tadelakt“ heißt es in der Einladung, die ein Foto von Pitze Eckart mit dem Titel „Thats Jazz“ ziert: tiefrote Rosen.
Zu sehen und zu erleben gibt es einiges auf dem 1200qm großen Grundstück an der Erzbergerstraße. Pitze Eckart und seine Frau Elfi haben das Terrain mitsamt alter Antennenfabrik vor zwei Jahren „durch Zufall“ erworben. „Wir fanden das Objekt so schön, dass wir spontan entschieden, das Ganze auch zu bespielen." Mit Kunst, Gastfreundschaft und einer Riesenportion Fantasie. „Vierzig Fenster blicken zum Hof", stellten die Eckarts fest und nannten das Projekt „fensterzumhof“. Sie zogen also aus Korbach nach Kassel, mitten ins Rotlichtviertel.
Gestartet war man ursprünglich als Kulturhauptstadtprojekt, erklärt Pitze Eckart, unterstützt vom Planungsamt der Stadt Kassel im Rahmen des Projektes für lokale Ökonomie, Urban II. Die Kulturhauptstadtbewerbung ist vorbei – das „fensterzumhof“ bleibt. Dennoch fragten sich die Eckarts: Wie schafft man es, seine Ideen umzusetzen und sie auch zu finanzieren?
„Indem wir in unseren Räumen ein Atelier- und Logierhaus anbieten“, so Pitze. In Bereichen in der ehemaligen Fabrik - wo auch das Kasseler Aktionstheater sein aktuelles Stück aufführt - richten die Eckarts drei „besondere“ Appartements ein.
Eines ist afrikanisch inspiriert, ein anderes „aufgemischt im Stil der 50er Jahre“, und das dritte „betört von Rosen“. Fantasie- und liebevoll bis zum letzten Mosaiksteinchen im Bad, mit Designmobiliar und Selbstgebautem sind diese Appartements ausgestattet. Längstens sechs Monate sollen sie vermietet werden, erklärt Eckart und gibt folgende Hinweise: „Die Wendeltreppe zu „Rosen“ ist schmal, die Stufen zur 50er-Jahre-Schlafkabine sind steil und in „Afrika“ passen Haustiere gut unters Bett.“

HNA, 3. Oktober 2006, von Christina Hein